PRESSEMITTEILUNG
Auch nach Einreichung des Antrags der EnBW AG im Genehmigungsverfahren bleibt die Initiative Bürger im Neckartal bei ihrer Ablehnung der Klärschlammverbrennungsanlage in Walheim
In der gestrigen Pressemitteilung (27.02.2023) anlässlich der Einreichung seines BlmSchG-Antrags preist das Energieunternehmen EnBW AG seine geplante
Klärschlammverbrennungsanlage auf dem betriebseigenen Gelände in Walheim als „nachhaltiges Zukunftsprojekt mit Vorbildcharakter für die Region und darüber hinaus“ an. Es spricht von einer „intensiven Phase des Dialogs mit den Bürger*innen in Walheim und den Nachbargemeinden“ und von „regional grüner Energie in Form von Strom und Wärme für die umliegenden Gemeinden“.
Es grenzt schon an Überheblichkeit, wie die EnBW AG ihre Interessen gegen die ablehnenden Beschlüsse der umliegenden Gemeinderatsgremien in Walheim, Gemmrigheim, Besigheim und Kirchheim und gegenüber anderen betroffenen Bürgern, wie zum Beispiel auch der Initiative Bürger im Neckartal (BI), in der Presse und Öffentlichkeit einbringt, ohne auf vorgebrachte Bedenken und Einwände einzugehen.
Mit der aktuellen Pressemitteilung setzt die EnBW AG ihre einseitige Informationskampagne fort: Ihre geplante Mono-Klärschlammtrocknungs- und Verbrennungsanlage (KVA) wird nicht als großindustriell erprobtes Verfahren der Abfallentsorgung, sondern als neue Form der Energiegewinnung dargestellt. Technisch zukunftsweisende Innovationen für einen modernen Energie-Standort sehen anders aus.
Fakt ist: Jährlich 180 000 Tonnen entwässerter, aber keineswegs getrockneter Klärschlamm werden aus bis zu 100 km entfernten Kläranlagen der Regionen Heilbronn-Franken und Ostwürttemberg nach Walheim transportiert, statt auf regionale Trocknung und damit Mengenreduzierung zu setzen. Die bei der Klärschlammtrocknung in Walheim entstehende Abwässer – stündlich 10.000 Liter – müssen mit LKWs in die umliegenden Kläranlagen entsorgt werden. Insgesamt sind bis zu 150 LKW-Fahrten täglich notwendig. Noch bis April 2022 warb die EnBW AG zudem mit einer zukunftsweisenden Phosphorgewinnung aus Klärschlamm in Walheim, bevor die Aussage erst nach Rückfrage der BI richtig gestellt wurde. Stattdessen muss die bei der Klärschlammverbrennung entstehende phosphorhaltige Klärschlammasche an einem anderen Industriestandort weiterverarbeitet werden.
Der ohnehin schon sehr belastete Straßenverkehr im Umkreis der KVA nimmt weiter bedenklich zu. Auch die errechneten Immissionen werden tonnenschwer die Umgebung belasten – eine Landschaft, mit deren schützenswerten Steillagen andererseits im engen Neckartal geworben wird.
Der von der EnBW AG herausgestellte Bürgerdialog entpuppte sich im Wesentlichen als die gesetzlich vorgeschriebene Öffentlichkeitsbeteiligung. Die EnBW AG setzte vor allem auf die Information der Bürgermeister und Gemeinderatsgremien. Die einzige Dialogveranstaltung mit anderen Bürgern und schließlich mit einer Handvoll von BI-Vertretern kam nicht durch die EnBW AG, sondern vor allem auf Initiative des Landtagsabgeordneten Tobias Vogt zustande. Stets hielt die EnBW AG an ihren fertigen Plänen fest, was von Anfang an einen ergebnisoffeneren Dialog unterband. Auch den Widerstand in der Bewohner und die Petition der BI mit über 3.500 Unterschriften aus den umliegenden Gemeinden hat das Energieunternehmen bisher ignoriert. Welche „Bürgerwünsche und -ideen in die Projektplanung aufgenommen“ wurden, bleibt in der Pressemitteilung unverständlich. Ein vom Gemeinderat Walheim ursprünglich propagierter Bebauungsbeschluss für Umwelt und Mensch in Form eines Mischgebiets mit Kleingewerbe, Wohnbau und Dienstleistung wurde mit einer Normkontrollklage beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim juristisch beantwortet, statt für den Energiestandort frühzeitig rechtliche und regionale Planungsvorgaben einschließlich lokaler Bedenken und Interessen auszuloten und mit allen Betroffenen zu verhandeln. Aus Bi-Sicht ist das Bauvorhaben der EnBW AG – ein Unternehmen fast ausschließlich in der Hand baden-württembergischer Kommunen und des Landes – eher ein krasses Gegenbeispiel für die landesweit politisch vielbeschworene frühzeitige Bürgerbeteiligung. Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, Barbara Bosch, hat bei geplanten Großprojekten erst kürzlich in den Medien dafür geworben.
Die Umbenennungsgeschichte der KVA zunächst einer Klärschlammverbrennungs-, dann Klärschlammverwertungsanlage und schließlich eines Klärschlammheizkraftwerks ist wohl
den damit verbesserten juristischen Bewertungschancen geschuldet. Geworben wird mit „regional grüner Energie in Form von Strom und Wärme“. In Wirklichkeit wird die bei der Klärschlammverbrennung als Nebenprodukt entstehende Energie vor allem für den laufenden Betrieb genutzt und als Wärme ohne Verwendung an die Umgebungsluft entsorgt. Dass die Nachbargemeinden sie nicht nutzen können, spielt für die EnBW AG keine Rolle. Spannend wird, wie das Regierungspräsidium Stuttgart das aus BI-Sicht green-washing im Genehmigungsverfahren bewerten wird.
In einem nächsten Schritt bringt sich die BI im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung des Genehmigungsverfahrens mit schriftlichen Einwendungen ein, erhofft sich dies auch bei
möglichst vielen weiteren Betroffenen und setzt auf die öffentliche Erörterung vor Ort. Derzeit kann sich die BI nicht vorstellen, wie das Energieunternehmen den „Dialog mit allen Beteiligten“ konstruktiv fortsetzen will. Sein Motto „auf gute Nachbarschaft“ passt bisher nicht dazu.